Mittwoch, 27. Februar 2008

Scheune in Weiten-Gesäß



Das Fenster zum Vorgarten

"DISTURBIA" - D.J. Carrusos voyeuristischer Thriller lädt ein zum Spionieren

Einen Teeniehorror-Serienkillerfilm ein geschätztes halbes Jahrzehnt nach Schockerreihen wie "Scream", "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" oder "Düstere Legenden" herauszubringen - das klingt erst einmal nicht sonderlich durchdacht. Zumal "Disturbia" die meiste Zeit im selben Zimmer spielt und keine Massen an Jungdarstellern zu bieten hat. Doch das hat der Film auch gar nicht nötig. Regisseur D.J. Carruso hat mit seinem kleinen, aber gemeinen und kurzweiligen Thriller eine Hommage an Hitchcocks Klassiker "Das Fenster zum Hof" geschaffen und dem Film trotzdem eine eigenständige Note verpasst.

"Disturbia" - das ist ein Wortspiel aus "disturb" (stören) und "suburbia", also Vorort. In einem solchen lebt Kale (Shia LeBeouf, demnächst als Sidekick von Harrison Ford im neuen Indiana Jones zu sehen), der bei einem Autounfall seinen Vater verloren hat. Eine falsche Bemerkung seines Spanischlehrers diesbezüglich führt dazu, dass Kale ihm ein blaues Auge verschafft und als Strafe drei Monate lang Hausarrest erhält. Eine elektronische Fußfessel kontrolliert, dass der Schüler sich nicht mehr als 30 Meter vom Haus entfernt und schlägt im Notfall Alarm. Das eigene Heim jetzt als Gefängnis, lenkt sich Kale zunächst mit Konsolenspielen, Junkfood und Fernsehen ab. Spätestens jedoch, als seine Mutter (Carrie-Ann-Moss) ihm die Kabel für das TV-Gerät durchschneidet, wird die Langeweile unerträglich und Kale beginnt damit, die alltäglichen Routineabläufe der Nachbarschaft zu beobachten.

Ausgerüstet mit einem Fernglas, hat es ihm vor allem die blonde Schönheit vom Haus nebenan angetan. Ashley (Sarah Roemer) räkelt sich vornehmlich im Swimmingpool und avanciert schnell zu seinem Objekt der Begierde. Doch auch der eher zurückgezogen lebende Nachbar Mr. Turner weckt sein Interesse, zumal dieser nachts des Öfteren Damenbesuch erhält. Aufmerksam wird Kale, als Polizei und Medien nach einem Serienkiller suchen. Könnte der seltsame Nachbar mit seinen Rehaugen etwas mit der Sache zu tun haben? Kale weiht seinen Freund Ronnie und seine Nachbarin in die Überlegungen mit ein - und wünscht sich schon bald, niemals das Fernglas in die Hand genommen zu haben...

Der Film lässt sich viel Zeit mit seiner Handlung und erzählt zunächst vom Unfalltod Kales Vaters und seinem seither gespannten Verhältnis zu seiner Mutter. Die erste Hälfte des Film entwickelt sich dann unerwartet zur Vorortkomödie im Stile von "The Girl Next Door" und bietet durchaus witzige Momente - etwa, wenn Kale die Party seiner Nachbarin sprengt, indem er seine eigene Anlage auf volle Lautstärke dreht. Natürlich verlieben sich die beiden Hauptakteuere dann ineinander und der Film könnte an dieser Stelle schon zu Ende sein...wäre da nicht der mysteriöse Mr. Turner und seine Vorliebe für Gartengeräte.

Was "Disturbia" sehenswert macht, sind zweifelsohne nicht seine vielschichtigen Charaktere oder etwaige ernsthafte Zwischentöne - es ist vielmehr der Ort des Grauens, der geschickt in Szene gesetzt wird: Das Haus von gegenüber als potentieller Tatort, das eigene Zimmer als Observatorium und die Nachbarschaft als Kulisse im Hintergrund. Es ist das beklemmende Gefühl der Ungewissheit, das Kale und seine Freunde beschleicht: Ist der Nachbar ein Mörder? Oder ist er es nicht?

D.J. Carruso spielt geschickt mit den Erwartungshaltungen des Zuschauers und nimmt sein großes Vorbild aus dem Jahre 1955 dabei nicht allzu ernst. Klar - außer dem Hauptdarsteller und seinem Gegenpart David Morse haben die Schauspieler nur wenig Möglichkeiten, ihre Rollen auszuspielen (allen voran "Matrix"-Star Carrie-Anne-Moss in einer faden Rolle als hütende Mutter), doch der Film will in erster Linie eins: Spaß machen. Und so ist "Disturbia" ein kruder Genremix aus Drama, Komödie, Liebesfilm und Thriller, der von allem etwas bietet und nicht den Anspruch erhebt, das Gedankenkonstrukt des Serienkillers zu analysieren.

6.5 von 10 Ferngläsern